Dienstag, 29. November 2016

Waaaas? SO teuer???

In den einschlägigen Hobby-Foren und Gruppen kommt immer wieder die Diskussion auf, was die "gebastelten" Sachen denn nun kosten dürfen, wenn man sie gewerblich (also wirklich ernsthaft mit Gewerbeschein) verkaufen will. 

Tja, und da das Thema Preise immer wieder aufkommt habe ich mal ein wenig für Euch kalkuliert... In der Hoffnung, die ein oder andere denkt drüber nach und stellt fest, dass ihre Arbeit, ihr Können und ihre Zeit sehr wohl auch kostet. Kosten kann und kosten SOLL.

Eine - mehr als nachlässig und zu Gunsten von "das darf am Ende nichts kosten" berechnete Aufstellung...

Lasst uns das material weg lassen. (waaaaaas? Kein Material??? - genau - kein Material. Das zahlt Ihr selber, denn immerhin ist Eure Zeit ja nichts wert, dann kann Euer Material auch nicht viel kosten und hey - stellt Euch nicht so an, ist doch ein Hobby...)



Einmal Mold her nehmen und auswaschen und trocken wischen, dass kein Staub drin ist.
-> 2 minuten

Dann Haare einbetten, dass es nach außen auch was gleich schaut-
-> plus 3 minuten (so lang? jaaaa... stoppt mal mit, wie lang das so geht... 3 Minuten sind gar nichts, Euer Lieblings-Song ist wahrscheinlich deutlich länger)

Kleinkrams (goldflitter, Glitter, Blättchen, Sand, Steinchen, Feenstaub, der versteinerte Pups eines Urzeitkrebschens, was auch immer) dazu, sagen wir auf Overhead ausgedruckte Herzchen (Zusammenstellen und ausdrucken lassen wir weg, obwohl das ja auch Arbeit war... aber egal, wir schneiden nur aus vorhandenen Folien aus und platzieren das ding in der form...)
-> plus 3 Minuten

Resin langsam anrühren, dass es wenig Blasen gibt... entgasen in der Vakuumkammer.
-> plus 7 minuten (2 Minuten abwiegen und anrühren, 5 minuten entgasen, denn das lässt man ja nicht einfach stehen sondern lässt laaaangsam die Luft wieder ab, es bis es wieder raus darf)

Zwischenstand: 15 Minuten

Nun gießen - klappt alles, wunderbar - 1 minute weil wir das oft machen und gut zielen.

Stand: 16 Minuten

Wir stellen das Ganze weg und putzen die Werkzeuge... rechne ich zeitlich nicht mit rein, weil... was solls, wir sind ja beim Hobby, gell - und wer putzt nicht gerne harzverschmierte Flächen...

Also - nach 16 Minuten haben wir nun einen Gießling in der Form und flämmen nochmal mit dem Feuerzeug drauf, um letzte Blasen zu entfernen...
-> plus 1 Minute (inkl. Feuerzeug suchen)

macht 17 Minuten

Nun harren wir der dinge, die da kommen... stunden später:

Gießling aus der Form holen und begutachten - 1 Minute
Gießling hin legen, kanten leicht glätten, entstauben. 1 Minute
Resin zum domen anrühren (wie oben, nur diesmal nur 2 Minuten, denn aufgrund der dünnen schicht können wir uns das entgasen sparen)

Inzwischen bei 20 Minuten angekommen... wer rechnet mit?

Wieder warten, alles gut...

Wenn alles fest ist: lackieren, dass es schweiß-fest ist...
->plus 5 Minuten...

also 25 Minuten gearbeitet...

Nun die Nachbearbeitung: Loch bohren, versäubern, Lederband durch ziehen und Verschluss einkleben - geht schnell, wir sind ja Profis
-> alles zusammen nochmal 3 Minuten.

Nehmen wir an, wir verpacken nicht liebevoll sondern werfen das Ganze nur in ne Luftpolsterfolie... dauert 2 minuten - DHL-Label drucken: 2 minuten (dauert eigentlich länger, aber wir sind ja mega-turbo-schnell unterwegs... 32 minuten bisher.

Nun sagen wir, die Kundin brauchte nur 15 Minuten Beratung, bis sie wusste was sie wollte (was ein Witz ist, die meisten sind längere Gespräche oder Chats, aber egal) - wir sind bei 47 Minuten.

Rechnungslegung, Einkauf der Materialien, sonstiger Kleinkrams was man so machen muss... insgesamt 13 Minuten, dann sind wir bei exakt 1 Stunde.

Und in dieser Rechnung ist nicht dabei, dass mal was schief geht, dass wir ja schon ewig Gießlinge verwerfen weil wir üben mussten, keine Nebenkosten wie :
Steuerberater, Papierkram zusammensammeln, Krams zur Post fahren, Entwicklungskosten, Materialkosten, Werbungskosten, Flyer, Raumkosten, eventuell Betrieb eines eigenen Webshops, Krankenversicherung, Rentenversicherung, Betriebsversicherungen, Gießlinge, die daneben gehen, Rabatt-Aktionen, längere Beratungszeiten, Rücklagen für Krankenzeiten, Steuer, und und und... .

Als Mindest-Stundenlohn eines Selbständigen sollten aller-aller-mega-mindestens brutto 40 Euro raus kommen (also NACH all dem oben, inkl. Material etc.), dann habt Ihr am Ende ca. 20 Euro auf der Hand.

Was da alles noch fehlt wie dass einem das Geschäft eh nie aus dem Kopf geht, man sich für besonders nette Kunden auch mal 1 oder mehr Stunden Zeit nimmt, dass die Familie zurückstecken muss, denn der letzte Auftrag für die Kundin, die ihrer Freundin das Werk zum Jahrestag des Verlusts ihres Tieres schenken will muss noch raus, also gibt's doch mal wieder nur Pizza und und und und... alles nicht mit drin.

Und wer mit seinen Sachen auf Weihnachtsmarkt und co fährt hat dann noch Tische, Standgebühren, Anfahrt, Hotel, Essen, blah blah blah...........

Ich glaube, wer bis hier her gelesen hat hat das Prinzip verstanden und siehe da, 69 Euro für ein handgefertigtes Kunstwerk / Schmuckstück ist eben nicht viel.

Eure Arbeit ist das wert. Ihr kauft ja beim Juwelier auch nicht den hübschen Ring, der Euch gefällt, für den Goldpreis. Oder bekommt beim Zahnarzt das Implantat für den Preis der verwendeten Menge Keramik...

Ihr seid Künstler - oder Handwerker, wenn Euch das lieber ist. Aber dann verramscht nicht Eure Fähigkeiten. Eure Arbeit ist wertvoll und ist nicht weniger wert, nur weil Euch Spaß macht, was Ihr tut!!!